Orgeln und Kunstwerke

 

Die ehemalige Berliner Garnisonkirche verband mit anderen Städten der Mark Brandenburg nicht nur das Militärische, das Zurschaustellen der preußischen Tradition - auch das Spiel einer Orgel des berühmten Joachim Wagner ließen Gemeinsamkeiten anklingen.

 

 

Die Wagner-Orgel in der ehemaligen Berliner Garnisonkirche

 

 

Schon zur ersten, bei der Pulverturm-Explosion von 1720 zerstörten Kirche, gehörte 1704 ein kleines Positiv und ab 1706 eine kleine achtstimmige Orgel aus der Werkstatt des Berliner Orgelbauers Christoph Werner (1633-1706) zur Ausstattung. Das erste größere Instrument mit 23 Stimmen, zwei Manualen und einem Pedal wurde 1713 durch Johann Michael Röder (gest. 1748) erbaut. Die Orgel beeindruckte die Berliner Öffentlichkeit und auch den König vor allem durch seinen Ornament-Prospekt und die hier erstmals zu sehenden behelmten paukenschlagenden Engel samt der militärischen Staffage wie Fahnen, Streitäxten und Lanzen. Vier Engel, positioniert zu beiden Seiten des Mittelturms und an den Außenseiten des Prospekts, mit Glocken und Hämmern in den Händen, schlugen beim Orgelspiel den Akkord g h d g an. Unterhalb der Engel an den Mittelturmseiten waren zwei Sonnen angebracht, deren Strahlen aus Pfeifen bestanden. Das jeweilige Zentrum der linken und rechten Prospektseite besetzte je ein Thron mit einem Adler aus je 300 klingenden Pfeifen. Je ein Engel mit Ordensstern in der Hand schmückte die Pfeifentürme neben dem Mittelturm. Wurde die Orgel gespielt, drehten sich die Ordenssterne und ihr Zimbelklang harmonierte mit dem Glockenklang, den die vier anderen Engel erzeugten.

 

 

 

Die Orgel überstand die Zerstörung von 1720, wurde gesichert und 1724 durch Joachim Wagner in die Nikolaikirche Potsdam eingebaut. Denn der Kontrast war deutlich geworden: die neue größere Kirche von 1722 forderte eine größere Orgel. 1724, unmittelbar nach Abschluss des zweiten Baus der Kirche, hatte man den aus Karow bei Genthin stammenden Joachim Wagner (1690-1749) mit dem Bau der Orgel beauftragt. Sie wurde 1726 fertiggestellt. Die Orgel, auf der Johann Friedrich Walther spielte, gilt als Meisterleistung der Barockzeit in Preußen und beeindruckte die Zeitgenossen nicht nur durch ihren Klang. So mancher war besonders vom Orgelprospekt angetan, auf dem zwei flügelschlagende Adler, goldene Sonnen, trommelnde Putten und trompetende Engel zu bewundern waren. Bei den Kesselpauken handelte es sich ein Geschenk des Wartenslebenschen Reiter-Regiments, die vormals in dessen Gebrauch waren. Die Besonderheit dieser paukenschlagenden Kinder war ihr Kopfschmuck. Sie trugen einen Helm mit Federbusch, ein Attribut, das Wagner von Röder übernommen hatte. An den Seitentürmen schwebte über jeder Pyramide eine Fama, die ihre Trompete an- und absetzen und beim Paukenspiel flügelschlagend bis auf die Höhe der Pyramidenspitze herabgelassen werden konnte.

 

 

Röder- und Wagner- Orgeln in der Mark

 

 

Johann Michael Röder und Joachim Wagner waren nicht nur in der Residenz Berlin gesuchte Orgelbauer. In den märkischen Städten Potsdam, Prenzlau, Brandenburg/Havel, Angermünde, Gransee, Wusterhausen/Dosse können wir noch ihre Meisterwerke bewundern. Die Wagner-Orgel in der evangelischen Kirche von Pritzerbe hat ein besonderes Schicksal. Gebaut wurde sie für die Kirche des Militärwaisenhauses Potsdam, versetzt 1792 nach Pritzerbe. Ins Bereich der Legenden gehört die in manchen kunstgeschichtlichen Publikationen zu findende Behauptung, sie stamme aus der Berliner Garnisonkirche. Die in der Ausstellung präsentierten Originalteile des Wagnerschen Prospekts, Adler und königliche Initialen FW, mußten aus technischen Gründen abgenommen und gesichert werden, da sich das Kirchendach in den letzten Jahrzehnten gesenkt hatte.

Ein Kleinod ist auch die Orgel in der Dorfkirche von Felchow bei Angermünde. Joachim Wagner schuf sie 1745. Erhalten sind Wagner-Orgeln weiterhin in den Dorfkirchen von Rühstedt (Prignitz) von 1737, Schönwalde bei Nauen von 1739, Bötzow bei Velten von 1740, Sternhagen bei Prenzlau von 1736, ursprünglich in Gramzow. Eines der schönsten Werke Röders ist in der Schloßkirche von Buch zu bewundern, umgesetzt aus der Heilig-Geist-Kapelle Prenzlau, geschaffen 1744.

 

 

Die Maler Christian Bernhard Rode, Karl Begas und Wilhelm Hensel
in der Berliner Garnisonkirche

 

 

Unter Friedrich II. erfuhr die Garnisonkirche im Innern zahlreiche Veränderungen, die den Ruf der Kirche als militärische Traditionsstätte begründeten. Fahnen und Standarten aus den Schlachten der Schlesischen Kriege wurden in der Kirche zur Schau gestellt. Der Maler und Radierer Christian Bernhard Rode (1725 -1797) gestaltete patriotische Gemälde, die an gefallene Heerführer des Siebenjährigen Krieges erinnern sollten.

 

C.B.Rode, Radierung nach dem Huldigunsgemälde für Ewald von Kleist in der Berliner Garnisonkirche

 

Ein fünftes Gemälde fertigte B. Rode Jahre später, erst nach 1786 an - es stellte Hans Joachim von Zieten dar. Diese Gemälde hatten den Charakter von Gedächtnisbildern, gewidmet bekannten und verehrungswürdigen Personen. In der Kirche aufgehängt hatten sie zwei Funktionen - sie erinnerten als Epitaphe an die Verstorbenen, sie sollten aber auch die Verdienste der Toten ins Gedächtnis rufen.

 

 

So entstanden nach 1759 Huldigungen an Kurt Christoph Graf von Schwerin, Ewald von Kleist, Hans Karl von Winterfeld und Jakob von Keith.

 

 

Rode zählte zu den bekanntesten Künstlern seiner Zeit, der sich u.a. Themen und Ereignissen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte widmete. Er hat nach den eigenen Gemälden zahlreiche Radierungen angefertigt, so auch von den in der Berliner Garnisonkirche ausgestellten Huldigungsbildern für die preußischen Generale. Die Radierung war für Rode eine effektive Technik, um seinen historischen Darstellungen ein breites Publikum ganz im Sinne der Aufklärung zu verschaffen.

 

 

Theodor Fontane urteilte sehr kritisch über Rodes "Heldenbilder". Zum Zieten-Bild in der Berliner Garnisonkirche schrieb er bissig: "Die Komposition auch dieses Bildes ist Dutzendarbeit und trotz der Prätension, geistvoll sein zu wollen, eigentlich ohne Geist. Auch hier ein bequemes Operieren mit traditionellen Mittelchen und Arrangements. Eine Urne mit dem Reliefbilde Zietens in Front derselben, am Boden ein Löwe, der ziemlich friedlich in einer Zietenschen Husarentigerdecke drin steckt wie ein Kater in einem Damenmuff,– außerdem eine hohe Frauengestalt, die einen Sternenkranz auf die Urne drückt, – das ist alles. Das Reliefporträt ist schlecht, nicht einmal ähnlich, aber die Urania oder Polyhymnia, die ihm den Sternenkranz bringt, ist in Zeichnung und Farbe um ein wesentliches besser, als gemeinhin Rodesche Figuren (er war ein Meister im Verzeichnen) zu sein pflegen." Rodes Ölgemälde wurden beim Brand 1908 zerstört, 1909 angefertigte Kopien der Gemälde fielen den Bomben des Zweiten Weltkriegs zum Opfer.

 

 

Drei unterschiedliche Radierungen hatte Rode nach dem Gedächtnisbild für Ewald Christian von Kleist (1715 - 1759) in der Berliner Garnisonkirche angefertigt. Die erste Radierung zeigt die Göttin der Freundschaft, sweinend an Kleists Urne sitzend, am Sarkophag der Schriftzug, an der Urne ein Bildnismedaillon. Vor dem Sakophag liegen Leier und Schwert - Symbol für Dichtung und Offiziersberuf. Ewald von Kleist stand seit 1741 als Offizier in preußischen Diensten, er nahm am Siebenjährigen Krieg teil, wurde in der Schlacht bei Kunersdorf schwer verwundet und starb an den Folgen dieser Verletzungen.

 

 

 

Bekannt geworden ist er als Lyriker - zu seinem Werk gehören neben der philosophisch-aufklärerischen Dichtung auch klassizistische Oden und patriotische Gedichte.

 

 

Die zweite Radierung zeigt am Sarkophag nicht den Schriftzug, sondern eine Reiterschlacht. Die Kämpfenden tragen antike Gewänder, das Bildnis zeigt nun nach links.

 

 

Die dritte Radierung zeigt ebenfalls eine Kampfszene am Sarkophag, diesmal aber sind die Soldaten in Uniformen des 18. Jahrhundert gekleidet, auf dem Kopf tragen sie Dreispitze aus der friderizianischen Zeit.

 

 

Detail vom Gedenkstein für Christian Bernhard Rode auf dem Friedhof der St. Nikolai- und der Mariengemeinde an der Prenzlauer Allee

 

 

Christian Bernhard Rode, Selbstbildnis 1786, Johann Wilhelm Ludwig Gleim in Halberstadt gewidmet

 

 

Wilhelm Hensel

 

Ab 1815 begann für die Kirche ein Jahrhundert baulicher Veränderungen. Nach den Umbauten von 1817, 1863 und 1900 präsentierte sich die Kirche ihrem Besucher jeweils in neuem Antlitz. Unmittelbar im Gefolge der napoleonischen Kriege war sie im Stile des Schinkelschen Klassizismus gestaltet und durch ein kostbares Geschenk des Kirchenpatrons Friedrich Wilhelm III. bereichert worden - das Altargemälde von Karl Begas "Christus am Ölberg". Der König ordnete 1822 auch die Anbringung vergoldeter Kreuze aus Eisen auf den Giebelseiten des Daches an.

 

 

1835 entschied Friedrich Wilhelm III. höchstpersönlich auch über Details der Aufhängung des Altargemäldes "Christus vor Pilatus" von Wilhelm Hensel, das er der Kirche geschenkt hatte. Karl Friedrich Schinkel hatte eine Plazierung des Bildes in der Nikolaikirche Potsdam aus Raumgründen abgelehnt, schlug vor, es "auf der Empore hinter dem Altar" der Berliner Garnisonkirche anzubringen und skizzierte die Idee.

 

 

Theodor Fontane: "Wilhelm Hensel gehörte ganz zu jener Gruppe märkischer Männer, an deren Spitze, als ausgeprägteste Type, der alte Schadow stand. Naturen, die man als doppellebiq, als eine Verquickunq von Derbheit und Schönheit, von Gamaschentum und Faltenwurf, von preußischem Militarismus und klassischem Idealismus ansehen kann. Die Seele griechisch, der Geist altenfritzisch, der Charakter märkisch. Dem Charakter entsprach dann meist auch die äußere Erscheinung. Das Eigentümliche dieser mehr und mehr aussterbenden Schadowtypen war, daß sich die Züge und Gegensätze ihres Charakters nebeinander in Gleichkraft erhielten, während beispielsweise bei Schinkel und Winckelmann das Griechische über das Märkische beinah vollständig siegte. Bei Hensel blieb alles in Balance; keines dieser heterogenen Elemente drückte oder beherrschte das andere und die Neuuniformierung eines Garderegiments oder ein Witzwort des Professors Gans interessierten ihn ebenso lebhaft wie der Ankauf eines Raphael."

 

 

Die Zeichnung zeigt den königlichen Vorschlag für die Hängung des Bildes "Christus vor Pilatus". Im Gegensatz zu Schinkel plädierte Friedrich Wilhelm III. für das Belassen der Fenster C und E und lediglich für eine Holzverkleidung des Fensters D.

 

Die Majestät gewährte 6.000 Taler aus der königlichen Schatulle.

 

 

Wilhelm Hensels "Christus vor Pilatus", im Jahre 1834 der Berliner Garnisonkirche durch König Friedrich Wilhelm IV. geschenkt

 

 

Ehefrau Fanny und Sohn Sebastian Hensel, die dem Maler Modell für das Bild "Christus vor Pilatus" standen

 

 

Karl Begas

 

 

Berliner Garnisonkirche: Ziborium-Altar mit "Christus am Ölberg" von Karl Begas

aus dem Jahre 1818, gestiftet von König Friedrich Wilhelm III.

 

 

Karl Begas war Vater mehrerer künstlerisch begabter Söhne und einer Tochter, die wie er selbst auch in Berlin tätig waren. Eine Ausbildung erhielt er ab 1813 in Paris im Atelier von Jean Antoine Gros, Studien, die durch den Krieg 1813 -1815 unterbrochen wurden, die er jedoch auf eigene Faust fortsetzte. Als Maler erfuhr Begas seine erste Anerkennung von offizieller Seite 1814 als Friedrich Wilhelm III. in Paris zwei kleinere Werke von ihm kaufte. Nachdem das preußische Königshaus auf Begas aufmerksam geworden war, unterstützte es ihn durch Aufträge für Kopien und Altarbilder, eine Förderung die unter anderem auch die in Paris lebenden Künstler Karl Wilhelm Wach und Wilhelm Hensel erfuhren. 1817 weilte der König wieder in Paris, kaufte ein weiteres Gemälde von Begas, gewährte ihm ein dreijähriges Stipendium und gab ein Bild in Auftrag.

 

Ab 1821 weilte Begas wieder in Berlin, bevor er 1822 nach Italien ging, sich mit der Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts beschäftigte und den Nazarenern zuwandte. In Rom malte er 1823 eines seiner wichtigsten Bilder dieser Schaffensphase, das für die Potsdamer Garnisonkirche geschaffenen Altarblatt xTaufe Christix.

 

Ab 1824 in Berlin endgültig sesshaft, wurde er 1826 zum Professor an der Akademie der Künste, 1829 zum Mitglied des akademischen Senats. 1854 starb Begas in Berlin.

 

Dafür, dass der König 1817 Begas mit dem Altarbild „Christus am Ölberg“ für die Berliner Garnisonkirche beauftragte, sind mehrere Gründe anzunehmen. Ein ganz pragmatischer lag in den Instandsetzungsarbeiten und der klassizistischen Umgestaltung der Garnisonkirche, die im gleichen Jahr erfolgten. Ein maßgeblicher Grund ist nach 1816 die veränderte Liturgie: die Ablösung der Kanzel durch den Altar in der zentralen Funktion des Gottesdienstes, dessen neue Position nach altchristlichem Brauch im Ostteil der Kirche und die damit verbundene Umorientierung der liturgischen Achse von der Querrichtung zur Längsrichtung. In dem Zusammenhang war auch die Ergänzung des Tischaltars mit einem Aufsatz beabsichtigt, was aber für lange Zeit nicht verwirklicht wurde. So bleibt unklar, wie das ab Ende Januar 1819 in der Garnisonkirche zu sehende Bild präsentiert wurde. Ab 1854 befand sich das Bild im Ziborium-Altar hinter dem Altartisch. Es wurde beim Brand der Berliner Garnisonkirche im Jahre 1908 vernichtet.